Akute und chronische Erkrankungen und Verletzungen
Neben der Behandlung fallen auch die Nachsorge und Verordnungen zur Rehabilitation. Zu den Patienten zählen alle Altersgruppen mit ihren jeweils spezifischen Herausforderungen – akute Notfälle, Verletzungen durch Sportunfälle, Sehnen, Knorpel- und Bandverletzungen sowie Gelenkersatzerkrankungen, Arthrosen, Schenkelhalsbrüche, Ober- und Unterarmfrakturen, Frakturen der Wirbelsäule und des Beckens. Es gibt viele Erkrankungen des Bewegungsapparates, die plötzlich – akut – nach einem Sportunfall oder einer abrupten Bewegung auftreten und einen Verlauf von absehbarer Dauer haben: Bänder- und Sehnenrisse, Bandscheibenvorfälle, Verstauchungen, der Tennisarm, ein Hexenschuss, Muskelrisse, Schleudertraumata, Brüche der Knochen und Gelenke.
Häufige chronische Erkrankungen sind Arthrose und Rheuma. Gelenkverschleiß ist eine alterstypische Erkrankung vor allem bei Knie- und Hüftgelenken. Die Knorpelschädigung nimmt mit der Zeit zu und ist mit chronischen Schmerzen verbunden. Auch chronische Erkrankungen können sich mit plötzlich auftretenden Schmerzen bemerkbar machen und akute Schübe aufweisen. Bei Spitz- und Spreizfüßen ist das zum Teil der Fall oder in der Rheumatologie. Über die Hälfte aller Patienten kommt wegen anhaltender Rückenschmerzen zum Orthopäden.
Behandlungsmethoden
Im orthopädischen Bereich wird mit vielen verschiedenen Behandlungsmethoden gearbeitet. Welche Therapieformen am geeignetsten sind, wird der Facharzt nach Befund in Absprache mit dem Patienten entscheiden. Ist eine konservative Therapie mit Medikamenten und physiotherapeutischen Maßnahmen nicht möglich, wird der behandelnde Arzt eine Operation in Erwägung ziehen. Ziel ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Funktion, eine Korrektur der angeborenen oder erworbenen Fehlhaltung und eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.
Konservative Behandlungsmethoden
Alle nicht-operativen Therapien werden als konservativ bezeichnet. Dem Orthopäden steht eine breite Auswahl zur Verfügung. Er kann Verfahren kombinieren oder aufeinander aufbauen. Zu den wichtigsten konservativen Behandlungsmethoden zählen:
- Chirotherapie – mit bestimmten Handgriffen werden Blockaden gelöst, passive Bewegungen und Dehnungen dienen der Mobilisierung
- Elektrotherapie – Reizstrom wird zur Aktivierung von Nerven- und Muskelpartien genutzt; galvanische Bäder bringen Entspannung und werden unter anderem in der Schmerztherapie angewandt
- Ergotherapie – als ganzheitlicher Ansatz kann sie als Ergänzung der Krankengymnastik genutzt werden; sie dient der Aktivierung von Bewegungen oder dem Trainieren von Ersatzbewegungen bei Verlust von Gliedmaßen oder Ähnlichem
- Hydro- und Thermotherapie – Wasseranwendungen unterstützen andere Behandlungsmethoden, können schmerzlindernd und aktivierend wirken; bei der Thermotherapie werden Kälte und Wärme genutzt, um Entspannung zu erzielen oder Reize auszulösen, die die Bewegung unterstützen
- Krankengymnastik oder Physiotherapie – aktive und passive Übungen sollen helfen, die Bewegungsfähigkeit wieder zu erlangen oder weiteren Funktionseinschränkungen vorzubeugen
- Massagen – entspannen, entkrampfen, lösen Blockaden und regen die Durchblutung an
- Medikamente – werden entsprechend der Diagnose verordnet; im Bereich der Orthopädischen Chirurgie sind es vor allem Mittel zur Linderung von Schmerzen, Bekämpfung von Infektionen und Entzündungen, bei Chemotherapie oder zur Beeinflussung des Knorpelstoffwechsels und zur Thromboseprophylaxe
- Ruhigstellung und Entlastung durch Orthesen, Verbände, Schienen und andere Hilfsmittel – diese halten das zu schonende Körperteil in einer bestimmten Position, entlasten es oder korrigieren die Haltung der Gelenke wie bei einem Korsett, das zur Aufrichtung der Wirbelsäule getragen wird
- Stoßwellenbehandlung – eine Ultraschallwelle wird in das Gewebe geschickt, ähnlich wie bei der Zertrümmerung von Nierensteinen. Hierdurch kommen komplexe biochemische Prozesse in Gang, welche zur Reduktion der Entzündung und zum Abheilen führen. Beispielhaft für einen erfolgreiche Einsatz dieser Methode seien hier der Tennisellenbogen und der Fersensporn genannt
Operative Behandlungsmethoden
Bei Muskel-, Sehnen- und Bänderrissen, massiven Schädigungen von Gelenken oder der Hüfte, Brüchen oder Infektionen kann eine Operation die richtige Entscheidung sein. Der Chirurg entscheidet nach Situation und Konstitution. Eingriffe an Schulter, Oberarm, Ellbogen, Hand und Unterarm oder Becken, Hüft- und Kniegelenk, Ober- und Unterschenkel, Sprunggelenk, Nerven, Gefäßen, Weichteilen und Knochen sind für den erfahrenen Chirurgen häufig Routine, ebenso das Einsetzen und Entnehmen von Implantaten. Orthopädische Operationen zählen zu den häufigsten Eingriffen. Hierunter fallen:
- OPs an der Lendenwirbelsäule, am Kreuz- und Steißbein
- Einrichten von Brüchen im Schaft- und Gelenkbereich der Knochen und Fixierung mit Drähten, Schrauben und Platten als Osteosynthese sowie die spätere Entfernung des Osteosynthesematerials in offenen Operationen
- Arthroskopische Operationen an den Menisken oder an Gelenkknorpeln
- Implantationen von Endoprothesen an Schulter- Knie- und Hüftgelenken
- Arthroskopische Operationen an der Gelenkinnenhaut
- Arthroskopische Operationen und Wiederherstellungen an den Kapselbändern des Schultergelenks
- Ersatz eines gerissenen Kreuzbandes im Kniegelenk
Viele Operationen können heute minimalinvasiv durchgeführt werden. Dabei wird eine Anzahl von kleinen Schnitten gesetzt, dann kann mithilfe eines Endoskops operiert werden. Der Vorteil dieser endoskopischen Operationen, zu denen auch die Arthroskopie (Gelenkspiegelung) zählt, liegt in der schonenderen Behandlungsweise und der geringeren Narbenbildung. Arthroskopien werden auch zur Feindiagnostik genutzt. Zum Teil kann die Beseitigung des Schadens im gleichen Eingriff erfolgen.
Teilweise können minimalinvasive Operationen ambulant und unter lokaler Betäubung ausgeführt werden. Damit verringern sich die Belastungen und Gefährdungen durch eine Vollnarkose. In der Regel verläuft die Rekonvaleszenz verkürzt – der Patient kann schneller mit den Rehabilitationsmaßnahmen beginnen und ist schneller fit. Die Gefahr des Abbaus von Muskelmasse und Versteifens minimiert sich. In der Endoprothetik wünschen sich viele Patienten minimalinvasive Eingriffe. Der Orthopäde muss individuell entscheiden, ob eine offene oder eine minimalinvasive Operation sinnvoll ist. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die von der Konstitution des Patienten über das Knochenmaterial bis zur Art der einzusetzenden Prothese reichen. Nicht für jeden Patienten ist eine minimalinvasive Hüft-Operation geeignet. Bei einer offenen Operation ist das OP-Feld wesentlich größer und übersichtlicher.
Anästhesie & Co
Zu jeder Narkoseform erfolgt vor der Operation eine vollständige Aufklärung und Beratung. Über die Ziele, Risiken und möglichen Nebenwirkungen klärt der Operateur genau auf. Sämtliche Fragen können und sollten im Vorfeld gestellt werden. Besonders wichtig ist die Anamnese, die Vorgeschichte des Patienten. Dabei geht es nicht nur um die zu behandelnde Krankheit, sondern auch um Vorerkrankungen, Allergien und Besonderheiten. Wichtig sind vor allem Medikamente, die permanent, in den vergangenen Monaten und vor Kurzem genommen wurden. Das betrifft vor allem auch Schmerzmittel. Werden sie nicht erwähnt oder vergessen, kann es zu lebensgefährlichen Herausforderungen während der Operation kommen. Sinnvoll können unter Umständen Rückfragen beim behandelnden Hausarzt oder dem Pflegedienst sein. Viele Operationen können mit lokaler Betäubung durchgeführt werden. Die orthopädische Chirurgie bietet ein breites Anwendungsfeld für regionale Anästhesie. Aber: nicht jede Operation ist unter Lokalanästhesie durchführbar. Selbst bei einer Arthroskopie kann eine Vollnarkose angezeigt sein. Der Arzt klärt ab, ob eine Vollnarkose oder eine regionale Betäubung sinnvoll ist.
Bei einer lokalen Anästhesie wird zusätzlich ein gerinnungshemmendes Medikament injiziert. Eine Spinalanästhesie erfolgt bei einer gewünschten Betäubung der Beine, der Beckenregion und des Ober- und Unterbauchs. Das Betäubungsmittel wird in den Bereich der Wirbelsäule gespritzt oder über einen Periduralkatheter während der Operation zugeführt.
Bei einem OP-Verfahren von maximal 1 Stunde kann eine Spinalanästhesie angebracht sein. Bei längeren Operationen ist das PDA-Verfahren über den Periduralkatheter sinnvoller. Außerdem ist so nach der OP eine genau dosierte Schmerzstillung möglich.
Prognose und Nachsorge
Jede Operation stellt eine Herausforderung dar und ist mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Der Facharzt wird die Situation ganzheitlich beurteilen und einen entsprechenden Behandlungsplan unter Berücksichtigung aller bekannten individuellen Faktoren aufstellen. Bereits bei der Vorbereitung auf die OP wird die Nachsorge eine Rolle spielen. Der Arzt geht dabei von Erfahrungswerten und der konkreten Diagnose aus und passt Nachsorge und den Behandlungsplan an das Ergebnis der Operation und den Gesamtzustand des Patienten an. Grundsätzlich kann man davon ausgehen:
- Nach einer Hüft-OP muss man mit einer Genesungszeit von 8 bis 12 Wochen rechnen. Dabei kommt es auf den Hüftschaden im konkreten Fall an, auf Alter und Konstitution des Patienten sowie die Qualität der Reha
- Bei einer Meniskus-OP rechnet man mit etwa 6 bis 8 Wochen bis zur vollständigen Wiederherstellung, wenn keine Komplikationen auftreten und der schrittweise Leistungsaufbau gelingt
- Bei einem Armbruch geht man von etwa 6 bis 12 Wochen aus, bis er wieder belastbar ist
Generell ist davor zu warnen, den Körper nach einer Operation zu schnell wieder zu belasten. Physiotherapie, Krankengymnastik und alle weiteren Behandlungsformen sollten eingehalten werden, damit weder eine Unter- noch eine Überforderung eintritt. Man sollte den behandelnden Facharzt bei allen Herausforderungen konsultieren und über Schmerzen oder andere Beschwerden unterrichten. Diese Hinweise können die Modifizierung des Behandlungsplans unterstützen und zu einer nachhaltigen Heilung führen.